Agri-Photovoltaik – Sonnenenergie mit Mehrfachnutzen

30. April 2023

Agri-Photovoltaik erzeugt erneuerbaren Strom zu wirtschaftlich konkurrenzfähigen Kosten, ermöglicht die gleichzeitige Weiternutzung der Fläche für die Landwirtschaft, schützt die Nutzpflanzen vor Hitze und Hagel und sichert den Landwirten eine zusätzliche Einnahmequelle. Diese Kernbotschaft konnten die zahlreichen Besucher des Infoabends zum Thema Agri-Photovoltaik mitnehmen, zu dem der Ortsverein der SPD Neumarkt eingeladen hatte.

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V.l.n.r.: Gawan Heintze, Daniel Eisel, Matthias Sander.

Mit Daniel Eisel, Ingenieur für Energiemanagement und Gawan Heintze, Biologe für Energiepflanzen, waren zwei ausgewiesene Agri-PV-Experten vom Beratungsnetzwerk „LandSchafftEnergie“ in Straubing in die Neumarkter Hasenheide gekommen. In Ihrem Vortrag gingen die beiden auf die vielfältigen Vorteile der Agri-PV ein und stellten die beiden derzeit etablierten Bauformen vor: Dies sind zum einen hoch über dem Boden aufgeständerte Systeme, bei denen die Fläche unter den Modulreihen landwirtschaftlich genutzt wird und deren Stromgestehungskosten niedriger als bei kleinen Hausdachanlagen ist. Alternativ können die Photovoltaikmodule bodennah in Reihen angebracht und die Fläche zwischen den Modulen landwirtschaftlich genutzt werden, wobei sich die Stromgestehungskosten in einem ähnlichen Bereich bewegen, wie bei den konventionellen Freiflächen-Anlagen.

Beide Formen bieten dem Landwirt die Möglichkeit einer doppelten wirtschaftlichen Nutzung seiner Landfläche und neben nachhaltig produziertem Strom häufig sogar reichere Ernten, indem die PV-Module die Nutzpflanzen teilweise beschatten und damit zu einer merklich geringeren Austrocknung von Pflanzen und Boden sorgen. Bei Wiesen und Weiden zeigt sich dieser Effekt durch ein besseres Wachstum in nahezu jedem Kalenderjahr. Auch der Getreideanbau kann profitieren: Gerade in heißen und trockenen Jahren, die in jüngerer Zeit immer häufiger auftreten, führt die Beschattung zu höheren Ernteerträgen.

Im Falle von hoch aufgeständerten Anlagen kommt noch ein Schutz gegen Extremwetterereignisse wie Hagel hinzu. Bundesweit verursachen Wetterextreme jedes Jahr Ernteschäden von durchschnittlich über einer halben Milliarde Euro, davon 54 Prozent durch Trockenheit und 26 Prozent durch Hagel. Der großflächige Einsatz von Agri-PV könnte diese wirtschaftlichen Schäden enorm reduzieren.

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Daniel Eisel erklärt die Stromerzeugung bodennaher PV-Systeme.

„Das Potenzial von Agri-PV-Anlagen ist gigantisch und wir müssen es im ländlichen Raum unbedingt so gut wie möglich nutzen“, betonte Ingenieur Carsten Burkhardt vom SPD-Ortsverein. Er wies darauf hin, dass die Stadt Neumarkt im eigenen Verwaltungsgebiet große landwirtschaftliche Flächen besitze. Diese rund 700 ha bewirtschafteten Wiesen und Weiden könnten mit kostengünstigen bodennahen Agri-PV-Anlagen versehen werden und eine Leistung von 400 Kilowattpeak pro Hektar erbringen, hob Burkhardt hervor. Damit könne bereits die Hälfte des zusätzlichen Neumarkter Strombedarfs – rund 270.000 Megawattstunden – regenerativ gedeckt werden. Weiterhin bestehe die Möglichkeit auf den rund 900 Hektar Getreideanbaufläche im Stadtgebiet mit hoch aufgeständerten Agri-PV-Anlagen mit 800 Kilowattpeak pro Hektar jährlich etwa 30 Prozent mehr Strom zu produzieren, als die Stadt in Zukunft selbst benötige.

Von „einer einzigartigen Chance für Neumarkt“ sprach der Co-Vorsitzende und OB-Kandidat Matthias Sander, zumal die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Agri-PV bereits zum letzten Jahreswechsel deutlich verbessert wurden. So seien nun Agri-PV-Anlagen in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten – dazu zählt auch das Stadtgebiet Neumarkt – nach EEG förderfähig.

Sander richtete einen eindringlichen Appell an Publikum und Verantwortliche in der Stadtpolitik: Es sei einerseits an der Zeit, einen umfassenden Flächennutzungsplan für nachhaltige Energieerzeugung zu erstellen, in dem Agri-PV eine prominente Rolle spielen müsse. Anderseits müssten, bei allem Verständnis für die Umsetzung von Projekten wie Schlossbad und Stadtparkt, bereits heute die Weichen für die essenziellen Bedürfnisse der Bürger gestellt werden, damit diese in Zukunft ihre Wohnungen mit nachhaltigem und bezahlbarem Strom temperieren könnten. „Die Stadtverwaltung muss auf diese existenziellen Anforderungen vorbereitet sein“, schloss er und führte als Vorbild die Stadt Erlangen an, die kürzlich 17 neue Energiemanager eingestellt hat, um die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können.

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