Energiezentrale der Stadt Neumarkt i.d.OPf.: Idee Top, Konzeptstudie Flop

21. März 2023

Von OB-Kandidat Matthias Sander, Dipl.-Ing. Stadt- und Regionalplanung Susanne Müller, Peter Lehmeier und Dipl.-Ing.(FH) Carsten Burkhardt

In der Sitzung des Neumarkter Stadtrates am 27. Februar 2023 stellte die vom bisherigen Oberbürgermeister Thumann geleitete Stadtverwaltung eine erweiterte Konzeptstudie für den Neubau einer Energiezentrale vor, mit der mehrere kommunale Gebäude mit regenerativer Energie versorgt werden sollen. Der SPD-Ortsverein Neumarkt i.d.OPf. begrüßt die grundsätzliche Idee hierzu, hält jedoch den bisherigen Ansatz, in dem die neue Hauptfeuerwache lediglich ein ökologisches Feigenblatt für die anderen städtischen Gebäude im Verbund wäre, für völlig unzureichend. Dieses Projekt muss viel größer und konsequenter angegangen werden!

In der von der Stadtverwaltung vorgestellten Konzeptstudie zum „Neubau einer Energiezentrale“ ist die vernetzte Versorgung der neuen Hauptfeuerwache, des Donauer-Kinderhauses, der Jurahallen, des Jugendhauses G6 und der Mittelschule West mit Strom und Wärme vorgesehen.

Der jährliche Strombedarf der 5 Liegenschaften wird mit insgesamt ca. 400 MWh angegeben. Die Konzeptstudie sieht vor, die Überschüsse aus der Photovoltaikanlage der Hauptfeuerwache direkt ohne Speicher zur teilweisen Deckung des Strombedarfs der anderen 4 Liegenschaften zu verwenden und so etwa 30 % des Strombedarfs zu decken. Damit werden die Gebäude jedoch noch immer zu 70 % aus dem öffentlichen Stromnetz versorgt. Von einer „fast vollständigen Autarkie“, wie vom Fraktionsvorsitzenden der UPW Martin Meier kommentiert wurde, kann angesichts dieser Zahlen noch nicht im Entferntesten die Rede sein.

Um den Strombedarf der 5 Liegenschaften so weit wie möglich durch Photovoltaik (PV) zu decken, sind folgende Schritte notwendig:

  1. Alle Dachflächen der 5 Liegenschaften sind für Photovoltaikanlagen zu nutzen.
    Laut Solar- und Grünflächenportal des Landkreises Neumarkt wäre damit insgesamt ein PV-Ertrag von bis zu etwa 1.649 MWh/a möglich. Die bisher angedachten 250 MWh/a an der Hauptfeuerwache nutzen gerade mal 15 % des Gesamtpotenzials auf den Dächern aus. Würde der Parkplatz der Jurahallen noch mit genutzt, wäre das PV-Potenzial noch sehr viel größer.
    Mit einem Beschluss am 28. Oktober 2021 auf Antrag der SPD-Fraktion hat der Stadtrat die Stadtverwaltung beauftragt, alle Dächer von städtischen Gebäuden, die technisch dafür geeignet sind, für Photovoltaikanlagen zu nutzen. Diesen Beschluss des Stadtrates muss die Stadtverwaltung nun auch umsetzen!

  2. Für die Energiezentrale sind zwingend ausreichend groß dimensionierte Stromspeicher vorzusehen. Laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme sind die gängigen bewährten Technologien seit langem am Markt vorhanden!

Dass die PV-Anlagen für die Energiezentrale deutlich größer ausfallen müssen, wird zusätzlich anhand der benötigten Heizwärme klar: Die Konzeptstudie sieht vor, die angeschlossenen Gebäude mit Wärme zu versorgen, welche ebenfalls mithilfe von PV-Strom erzeugt wird. Jedoch steht einem Heizwärmebedarf der 5 Liegenschaften von 1.800 MWh/a ein sehr viel kleinerer verbleibender PV-Stromüberschuss an der neuen Hauptfeuerwache von 130 MWh/a gegenüber. Da der durchschnittliche Energieertrag von PV-Anlagen im Monat Januar, in dem etwa der größte Heizenergiebedarf besteht, nur ein Zehntel des Energieertrags im Monat Juli beträgt, in dem nahezu keine Wärmeenergie benötigt wird, dürfte klar sein, dass sich mit diesem geringen Überschuss an PV-Strom kein spürbarer Beitrag zur Deckung von Heizwärme erzielen lässt. Wird das mögliche PV-Potenzial der 5 Liegenschaften ausgeschöpft und mit ausreichend Speicherkapazität kombiniert, sieht dies ganz anders aus!

Die Spitze des Eisbergs der Unstimmigkeiten in der vorgestellten Konzeptstudie ist der Ansatz, im Rahmen der Energiezentrale Wasserstoff mit PV-Strom zu erzeugen, ihn dann unter 750 bar Druck zu speichern und dann wieder vor Ort in Strom und Wärme umzuwandeln. Dies ist zwar technisch sicher machbar, aber mit immens hohen Umwandlungsverlusten verbunden und daher in diesem Anwendungsfall wirtschaftlicher Irrsinn. Wasserstoff ist der Champagner der Energiewende und ja, wir brauchen diesen in großen Mengen, aber für die Industrie, z.B. für die Chemie- und Stahlindustrie, da diese keine Alternative dazu haben. Und hierzu muss Wasserstoff im regionalen bis überregionalen Rahmen aus den ins Stromnetz eingespeisten Überschüssen von PV- und Windkraftanlagen genutzt werden. Zum Verheizen im Gebäude ist Wasserstoff viel zu kostbar!

Aus Sicht des SPD-Ortsvereins Neumarkt i.d.OPf. muss die Konzeptstudie zwingend nachgebessert werden, noch bevor im Herbst 2023 die Planungsleistungen zur Energiezentrale beginnen sollen. Die Zielrichtung muss von Anfang an stimmen! Die Stadtverwaltung alleine entscheidet: Wollen wir eine echte Strom- und Wärmeversorgung mehrerer Gebäude mit erneuerbarer Energie? Oder wollen wir nur eine stark abgespeckte Version mit erneuerbaren Alibi-Beiträgen zum ökologischen Versteckspiel? Die Fachplaner können beides, man muss sie nur entsprechend beauftragen!

Die grundsätzliche Idee zu einer Energiezentrale im Bereich um die Jurahallen ist im Kern eigentlich gar nicht so neu. Bereits der im Oktober 2009 (!) von externen Experten im Auftrag der Stadt Neumarkt erstellte Maßnahmenkatalog zur „Umsetzung der in den Berichten Klimaschutzfahrplan und Energienutzungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen“ enthält den Vorschlag einer Wärmeverbundlösung für die Jurahallen mit umliegenden Gebäuden. Das liegt schon 14 Jahre zurück! Wer den damaligen Maßnahmenkatalog durchblättert, staunt nicht schlecht, wie stark damals die Stadt Neumarkt in Sachen Klimaschutz und erneuerbare Energien begonnen hat! Zu Beginn hat die Stadt staatliche Fördermittel genutzt, um mit der Hilfe externer Fachleute schnell und effizient sichtbare Ergebnisse zu erzielen. Aber als dann die staatlich geförderte Arbeit der externen Fachleute zunächst erledigt war, hat die Stadtverwaltung daran nicht mehr angeknüpft. Von den damals erarbeiteten Maßnahmen wurden die allermeisten in den letzten 14 Jahren von der Stadtverwaltung unter der Leitung von Oberbürgermeister Thumann nicht umgesetzt!

So kann es nicht mehr weitergehen“, fordert energisch auch Matthias Sander, diesjähriger SPD-Kandidat für das Neumarkter Oberbürgermeisteramt und seit vielen Jahren beruflich im Gebäudebereich und nachhaltiger Energieversorgung zu Hause. „Für die drängenden Fragen der Versorgung der Stadt und Ihrer Bürgerinnen und Bürger mit nachhaltig erzeugtem Strom und erneuerbarer Wärme“, sagt Matthias Sander, „brauchen wir endlich ein umfassendes und stimmiges Gesamtkonzept. Und neben der verstärkten professionellen Unterstützung externer Fachleute, sowohl zur Konzeption als auch zur konkreten Umsetzung, die Einbindung der Bürger in Form eines Klima-Bürgerrates, wie er in vielen Städten bereits erfolgreich funktioniert. Die Fachleute des Bürgerrates fungieren dabei als Ideengeber zur Beratung des Stadtrats für umfassende Lösungen. Gute Ideen dürfen, wie hier bei der geplanten Energiezentrale, nicht Stückwerk bleiben! Wir brauchen endlich einen 'Masterplan Energie', wie er von der Neumarkter SPD schon lange gefordert wird!

2023 Matthias Sander OB Neumarkt - Kein Aufschub der wichtigen Themen
Matthias Sander, OB-Kandidat für Neumarkt - Kein Aufschub der wichtigen Themen!

Teilen